„Achso, man muss die Gitarre ja stimmen.“ Hannes warnte das Publikum vorsichtshalber vor, dass er etwas aus der Übung gekommen sei. Schließlich war das Konzert im Rahmen des Würzburger Kulturpicknicks das erste seit einem Jahr.
Auf den Decken vor der Bühne hätte man Hannes und Clara aber alles verziehen. Dort schien die Abendsonne in vorfreudige Gesichter jeden Alters. Zwischen Gemütlichkeit und teils opulenten Buffets saßen Menschen mit offenen Ohren – dabei ab dem ersten Lied.
Die Vorwarnung war ohnehin vollkommen unnötig, denn Hannes und Clara machten es einem – wieder einmal – sehr einfach. Beide hatten sichtlich Herz an der Sache und die dauerhaften Lieblingslieder wie „Oh Bartleby“ und „Vorwärts ist keine Richtung“ fanden großartig zusammen mit den angekündigten oder unangekündigten Weltpremieren der neuen Stücke. Besonders war aber auch sicherlich das verbindende Moment, welches als roter Faden den Abend umspannte: Ja, die Welt lässt uns manchmal – oder oft – mit Angst, Unrecht und Ratlosigkeit zurück. Aber: Da sind immer auch Optimismus, Schönheit und Freude.
Vordergründig erzählt zum Beispiel „Teesatz“ von Lebensabschnitten des Stolperns, Scheiterns und der Kompliziertheit – am Ende ist man unter seinen Freundinnen und Freunden aber nicht allein und die Personen aus Würzburg, Marburg, Hamburg sind alle am Boden der Tasse vereint.
Dass sogar besonders tief melancholische Lieder in zwei Richtungen gefühlt und gedacht können, überraschte Hannes selbst, als er das Lied „Norden“ kürzlich auf einer Hochzeit spielen sollte. Denn eigentlich geht es in „Norden“ viel zu vereinfacht (deswegen unbedingt selber hören) um die innere Zerissenheit zwischen dem Wunsch nach großer Liebe und einem starken Drang nach Freiheit. Aber – wie Hannes selbst feststellt – „Ok gut, es geht wohl nicht nur um etwas Trauriges, sondern das größte Geschenk, dass man machen kann – etwas von der eigenen Freiheit aufzugeben für etwas Größeres.“
Diese zwei Seiten der Welt, die sich nicht nur in „Teesatz“ und „Norden“ finden lassen und die sich über den ganzen Abend streckten sind der Grund, warum die Lieder und die Konzerte von Hannes weder zu Alltags- noch Realitätsflucht verleiten. Vielmehr projizieren sie die Realität an sich: Da steht sie vor uns, groß und umfassend, die „Beschissenheit der Welt„. Aber wenn wir jemanden an unserer Seite haben, dann können wir etwas anders machen und ändern. Und dann stellen wir ihr uns entgegen, der Beschissenheit der Welt.
Die ganze EP „Das Ende der Geschichte“ gibt es nur auf der Website von Hannes Wittmer zum kostenlosen Download und im Stream. Hier geht es direkt dorthin. Artwork: Denise Henning.
Aktuelle Konzerttermine findet ihr hier. „Die bessere Studioversion“, untertrieb meine Kulturpicknick-Partnerin. Aber auch die Blogbeiträge von Hannes und zum Beispiel die Begründung, warum er seine Musik nur noch verschenkt sind mehr als lesenswert.
Meine eigene Kamera hatte ich im Trubel zwischen Vorfreude, Umzug, Möbelhaus und Kind zuhause liegen gelassen. Danke umso mehr an Sylvia Gralla für die Erlaubnis ihre stimmungsvollen Fotos (siehe auch Beitragsbild) verwenden zu dürfen.
Oh meine Vorgängerkommentiererin 😍 lieber Markus! Ein sehr schöner Beitrag! Schau nur mal, ob bei dir die Formatierung stimmt. Bei mir sind sowohl beim Tablet als auch aufm Handy 2 oder 3 Fotos immer mit Text überlappend.
LG
Marta
Oh, wie herrlich ich mir das Open-Air-Konzert vorstelle. Ich muss gestehen, dass mir erst durch deinen Artikel auffiel, wie wenig ich auf dem aktuellen Stand bin was Hannes Musik betrifft. Norden also. Zack werden gleich mal die neuen Songs auf der Heimfahrt von Passau studiert. Irgendwie merkwürdig, erst mal nur die Texte zu lesen und sich dabei die Musik vorzustellen!
Ich sende euch viel Umzugspower von irgendwo zwischen Nürnberg und Würzburg (also gar nicht soo weit weg). <3